Niederkasseler Bürgerinitiative gegen Ethylenoxid befragt Direktkandidat:innen zur Bundestagswahl
Die Niederkasseler Bürgerinitiative gegen Ethylenoxid e.V. hat alle Direktkandidat:innen zur Bundestagswahl im Rhein-Sieg-Kreis gefragt: “Folgen Sie der Ansicht der im Stadtrat Niederkassel vertretenen Parteien CDU, SPD, Bündnis90/die Grünen, FDP, die Linke und AfD und lehnen die Pläne der Firma PCC ab? Oder sind Sie als zur Wahl stehende Vertreter*in für unseren Kreis im Bundestag anderer Auffassung?”
Lisa Anschütz (Bündnis 90/die Grünen) nennt in Ihrer Stellungnahme u.a. die Risiken für zahlreiche, in unmittelbarer Nähe befindlichen kritischen Einrichtungen und nimmt Bezug auf nachhaltige Zukunftstechnologien. Auch MdB Alexander Neu (DIE LINKE) betont in seiner Begründung die nicht Eignung des Standortes und nimmt Bezug auf die von Kanzlerkandidat Armin Laschet zu verantwortenden Abstandregeln für Windkraftanlagen, die auf dem Gelände der Evonik nicht zulässig wären. MdB Nicole Westig (FDP) betont die lange Tradition als Chemie Standort, ist aber ebenfalls gegen den Bau einer hochriskanten EO Anlage. Antworten im Wortlaut sind unter dieser E-Mail zu lesen. Von den Vertretern der beiden Regierungsparteien der jetzigen Bundesregierung, MdB Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU) und MdB Sebastian Hartmann (SPD), haben wir bis heute leider keine Antwort auf unsere Frage erhalten.
Trotz des deutlichen Widerstandes hält PCC nach unseren Informationen weiter an dem Projekt fest! Für die Genehmigung ist die Bezirksregierung Köln zuständig. Was wir jetzt brauchen, sind noch mehr Unterschriften. Helfen Sie deshalb mit, die Petition über Facebook und Whatsapp weiter zu verbreiten oder schicken Sie den Link zur Petition per E-Mail an Ihre Freund*innen und Bekannten:
https://weact.campact.de/petitions/keine-ethylenoxid-produktion-in-niederkassel
Die Antworten im Wortlaut:
Alexander Neu (die Linke, Rhein-Sieg-Kreis I):
„Ich folge der Ansicht der im Stadtrat Niederkassel vertretenen Parteien und lehne die Pläne der Firma PCC in Niederkassel mehrere Störfallanlagen zu errichten ab.
Begründung: Produkte wie Ethylenoxid dürfen wegen der besonderen Risiken bei der Herstellung nicht in der Nähe von bewohnten Flächen produziert werden. Eine Windkraftanlage wäre nach den Abstandsregelungen für Windräder, die Ministerpräsident und Kanzlerkandidat Laschet zu verantworten hat, auf dem Gelände der Evonik nicht zulässig. Potentiell besonders gefährliche Produktionsanlagen, wie die in Niederkassel geplante, unterliegen aber keiner solch strengen Regelung. Linkes und damit auch mein Credo ist: Die Wirtschaft muss den Menschen dienen, nicht umgekehrt. Konkret bedeutet das: Die Produktion von Stoffen wie Ethylenoxid hat dort zu erfolgen, wo keine Menschen damit in Gefahr gebracht werden können, auch wenn dies die Herstellung verteuert.“
Lisa Anschütz (Bündnis 90/die Grünen, Rhein-Sieg-Kreis I):
„Ich lehne den Bau einer Ethylenoxid-Produktionsanlage sowie von Anlagen zur Weiterverarbeitung auf dem Evonik-Gelände in Niederkassel ab.
Die Firma PCC plant in Zusammenarbeit mit Evonik solche Anlagen. Die vorhandene chemische Anlage der Evonik zur Elektrolyse mit Quecksilber hat eine Betriebsgenehmigung bis 2027. Wie es dann weitergeht, wie viele Arbeitsplätze es dann noch gibt, wird sich zeigen.
Die Ablehnung der EO Anlagen resultiert vor allem daraus, dass es sich um Störfallanlagen handelt, die einen Stoff herstellen und weiterverarbeiten, der hochexplosiv, giftig, krebserregend und mutagen ist. Diese Anlagen sollen in einer Innenstadtlage gebaut werden. In direkter Nachbarschaft eines Schulzentrums für 2000 Schüler, einer Grundschule, einer Kita, zweier Kirchen, einer Moschee, eines Schwimmbads, eines Altenheims, mehrerer Einkaufszentren und weitläufiger Wohnbebauung. Selbst wenn man der chemischen Industrie eine nicht ersetzbare Ressourcenerzeugung zuspricht, ist die Wahl des Standortes absolut unverantwortlich.
Zusammen mit den GRÜNEN Niederkassel befürworte ich grundsätzlich eine umweltfreundliche und zukunftsfähige Entwicklung des Standortes. Die Grünen Niederkassel haben sich auf kommunaler Ebene bereits durch die Initiierung eines entsprechenden Arbeitskreises konstruktiv eingebracht. Es dürfen dabei keine neuen Gefahren für die Menschen vor Ort und die Umwelt geschaffen werden. Besonders die geplanten Anlagentypen bergen erhebliche Risiken, von Katastrophenfällen über Gesundheitseinschränkungen, bis hin zu negativen Umwelteinflüssen durch ständige Emissionen.
Warnen möchte ich in diesem Zusammenhang auch vor Kosten, die durch den Aufbau und die Vorhaltung neuer zusätzlicher Infrastruktur für den Katastrophenfall auf den Kreis und die Stadt zukommen könnten. Die vor Ort aktive Bürgerinitiative hat mir ihre Sorgen und Ängste in Zusammenhang mit der geplanten Anlage geschildert. Die Kommunalpolitik aus Niederkassel hat eine Willensbekundung gegen die Anlage abgegeben. Für die Genehmigung ist die Bezirksregierung zuständig.
Doch die Frage, die sich mir als Politikerin stellt, sollte eine Anlage dieser Gefahrenstufe, mit dieser Technologie der Erdölaufbereitung wirklich in unserer Region noch gebaut werden? Sollte nicht besser in eine innovative Technologie investiert werden, die Kunststoff ähnliche Produkte produziert, die aus pflanzlichen Materialien hergestellt werden, die wiederverwertbar oder besser abbaubar sind. An vielen Stellen kann man auch auf die Produkte aus Erdöl verzichten und stattdessen pflanzliche Stoffe einbauen. In einem grünen Wahlkreis muss ein Wirtschaftsstandort für die Menschen und in Einklang mit der Natur cleverer, ökologischer und nachhaltiger entwickelt werden, als mit dem Bau einer gefährlichen chemischen Großanlage.“
Nicole Westig (FDP, Rhein-Sieg-Kreis II):
„Der Chemie Standort in Lülsdorf hat eine lange Tradition und ist von großer Bedeutung für die Stadt Niederkassel. Evonik und die Vorgängergesellschaften haben mit hoher Verantwortung und Umsicht die weitere Entwicklung vorangetrieben. Dieses würde ich gerne unterstützen. Die Stadt Niederkassel hat vor diesem Hintergrund einen Arbeitskreis ins Leben gerufen, der sich nur mit dem Standort Lülsdorf befasst. Dazu gehören auch die Pläne zur Entwicklung des bestehenden Hafens, die von uns Freien Demokraten unterstützt wird.
Wie die FDP vor Ort in Niederkassel bin ich gegen den Bau einer hochriskanten EO Anlage. Die vorliegenden Pläne werden nicht als sicher und höchsten Umweltansprüchen genügend empfunden. Wir begrüßen jedoch alle Anstrengungen, den Chemie-Standort zukunftsfest zu machen – unter Einhaltung aller Sicherheitskonzepte. Ich weiß, dass vor diesem Hintergrund alle Parteien im Niederkasseler Rat – mit Ausnahme der Grünen – der entsprechenden Resolution zugestimmt haben.“
Quelle: InfoMail der Bürgerinitiative gegen Ethylenoxid e.V. vom 17.9.2021
Wer bis zum Ende gelesen und sich vielleicht über den Hinweis von Frau Westig (FDP) wundert, dass die Niederkasseler GRÜNEN der Resolution gegen die EO-Ansiedlung nicht zugestimmt haben, kann hier die Hintergründe dieser Abstimmung nachlesen:
https://machpuls.de/niederkassel/ueberraschung-update-alle-niederkasseler-parteien-gegen-ansiedlung-von-pcc_vO9