Die Tagesordnung war eher kurz, die Sitzung des Planungs- und Verkehrsausschusses der Stadt am Mittwoch, dem 17.11.2021 in der Aula der Realschule in Mondorf war lang und dauerte fast vier Stunden. Das lag aber keineswegs am Punkt 5 „AGFS – Mitgliedschaft der Stadt Niederkassel“. Der Ausschuss-Vorsitzende Dano Himmelrath rief den Punkt auf, las den Beschlussvorschlag vor „Die Verwaltung wird beauftragt, Gespräche mit der AGFS mit dem Ziel einer individuellen Mitgliedschaft in der AGFS zu führen“, blickte in die Runde und stellte fest: „Keine Wortmeldung, keine Gegenstimmen, einstimmig angenommen.“ Das war nicht bei allen Punkten an diesem Abend so.
Der Anstoß kam von der Ortsgruppe Niederkassel des ADFC
Die Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in Nordrhein-Westfalen e. V. ist ein Zusammenschluss von Gemeinden und Kreisen, die sich für verbesserte Bedingungen für den Nichtmotorisierten Individualverkehr einsetzen. Der Sitz ist in Krefeld und aktuell sind 93 Kommunen Mitglied. Das Land Nordrhein-Westfalen ist der wichtigste Partner der AGFS. Es fördert die AGFS finanziell und unterstützt sie.
Vor der Kommunalwahl 2020 hatte die ADFC Ortsgruppe Niederkassel Wahlprüfsteine an die Parteien verschickt. Eine Frage lautete: “Würde Ihre Partei eine Mitgliedschaft in der AGFS unterstützen?” DIE GRÜNEN, FDP und DIE LINKE hatten die Frage bejaht, die CDU verwies auf die seit 2017 bestehende Mitgliedschaft des Rhein-Sieg-Kreises in der Arbeitsgemeinschaft und wollte zunächst den Mehrwert einer Einzelmitgliedschaft von der Verwaltung geklärt haben und die SPD war einerseits offen, wies aber andererseits darauf hin, dass Arbeitskreise Kapazitäten binden.
Mitgliedschaft bietet Niederkassel viele Vorteile
Die Klärung der AGFS-Mitgliedschaft war ein Punkt in den Kooperationsabsprachen nach der Wahl zwischen den GRÜNEN und der CDU und da alle Fraktionen offen waren für dieses Thema wurde die AGFS von der Verwaltung in die Sitzung des Planungs- und Verkehrsausschusses am 1.9.2021 eingeladen.
Peer Wessels von der Geschäftsstelle der AGFS stellte die Arbeit und die Vorteile für die Mitglieder vor. Die AGFS bietet einen schönen Mix von Arbeitskreisen, Aktionen, Seminaren und Treffen, um Informationen, neue Ideen und gute Beispiele aus dem Bereich der Nahmobilität kennenzulernen. Ausserdem bietet die Mitgliedschaft Zugang zu Fördermitteln sowie die Möglichkeit, eigene Themen der Verkehrsplanung mit anderen Fachleuten zu diskutieren. Der Vortrag und die Beratungszeit bis zum nächsten Ausschuß am 17.11. reichte den Fraktionen um ohne Diskussion die Beantragung der Mitgliedschaft zu beschließen.
Peter Lorscheid, verkehrspolitischer Sprecher des ADFC Bonn/Rhein-Sieg für den rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreis erläutert die bedeutung dieser Entscheidung. “Was lange währt, könnte jetzt endlich etwas Gutes werden. Am 26.11.2002 (!) wurde der Antrag von ADFC und des damaligen Arbeitskreises der Lokalen Agenda, dass die Stadt die Mitgliedschaft in der AGFS anstreben solle, vom damaligen UVP-Ausschuss abgelehnt. Seitdem haben wir immer wieder versucht, das Thema auf die Tagesordnung zu bringen, fast 20 Jahre lang ohne Erfolg. Immerhin wurde dann – quasi als Ersatzmaßnahme – im Nachgang hierzu der Arbeitskreis “Fahrradfreundliches Niederkassel” eingerichtet, dessen Nachfolger der Arbeitskreis “Nachhaltige Mobilität” heute ist.”
Strenges Aufnahmeverfahren
Der Weg zur Mitgliedschaft bietet einige Hürden. Zusammen mit dem Aufnahmeantrag reicht die Kommune ein nahmobilitätsfreundliches Gesamtkonzept ein. Werden Antrag und Konzept akzeptiert, erfolgt eine “Vorbereisung”. Hier wird die Kommune beraten und sie erhält obendrein eine Liste mit Verbesserungsvorschlägen mit der Auflage, gravierende Mängel zu beheben. Sind die behoben, lädt die Kommune die “Auswahlkommission” ein. Diese entscheidet über die Aufnahme und benennt der Kommune, wenn sie aufgenommen werden soll, eine Positiv- und eine Negativliste. Für die Beseitigung der Mängel hat die Kommune dann sieben Jahre Zeit bis zur Nachzertifizierung. Die Verwaltung sieht dem Verfahren optimistisch entgegen. Das “Radnetz PLUS – Fähre – City – Bahnhof”, das Mobilstationenfeinkonzept, der Beschluß zur Einrichtung einer Fahrradstraße in Lülsdorf (Ergebis eines gemeinsamen Antrags von CDU- und GRÜNER-Fraktion) zeigen, dass Niederkassel die Weichen richtig stellt und sich auf den Weg gemacht hat, die Stadt füßgänger- und fahrradfreundlich zu gestalten. Ortsverband und Fraktion der Niederkasseler GRÜNEN freuen sich über diese positive Entwicklung, die ihren kommunalpolitischen Zielen entspricht und für die sie sich im Rahmen der Fraktionskooperation, im fraktionsübergreifenden AK Mobilität und im Planungs- und Verkehrsausschuß eingesetzt haben und sie sind gespannt, welche Impulse allein durch das Aufnahmeverfahren zur Mitgliedschaft in der AGFS erfolgen.
Nächste öffentliche GRÜNE Mitgliederversammlung: 1. Dezember 2021
Die anderen Punkte in der Ausschusssitzung hatten ebenfalls Bezüge zur Mobilität, sei es auf hoher Ebene im vorgestellten “Agglomerationskonzept der Region Köln/Bonn”, bei der Vorstellung von aktuellen Nutzer*innenzahlen und Entwicklungen beim rechtsrheinischen Fahrradverleihsystem RSVG-Bike oder bei der spannenden Vorstellung des überarbeiteten Verkehrskonzeptes im Bereich der neu geplanten Kopernikusstraße und der Berliner Straße. Darüber – und über alle anderen Themen GRÜNER Politik – informieren und diskutieren wir gerne im Rahmen unserer öffentlichen Treffen oder auch von vereinbarten kleinen Runden.
Die nächste öffentliche Mitgliederversammlung ist für Mittwoch, 1. Dezember 2021, 19:00 Uhr geplant. Sie wird online durchgeführt. Die Einwahldaten und Themen erhalten Interessierte auf Anfrage, bitte Mail an: ingo.von-conta (at) grueneniederkassel.de oder morten.meyer (at) grueneniederkassel.de.
Mehr zur AGFS: www.agfs-nrw.de
Hinweise für den Antrag auf Aufnahme in die AGFS, insbesondere Ablaufdiagramm S. 9
Wahlprüfsteine des ADFC Bonn/Rhein-Sieg an die Parteien zur Kommunalwahl 2020
Text: Ulrich Buchholz