Rechtspolitik

Wir stärken den Rechtsstaat

Wir Grüne verteidigen den freiheitlichen Rechtsstaat und die Bürgerrechte, auch wenn es unbequem ist. Grüne Rechtspolitik steht für den konsequenten Schutz von Grund- und Menschenrechten, für das Grundgesetz. Wir streiten für bestens ausgestattete Gerichte und Strafverfolgungsbehörden, für die Unabhängigkeit von Justiz und selbstverwalteter Anwaltschaft, für die Objektivität von Staatsanwaltschaft und Polizei. Und wir arbeiten dafür, dass alle den gleichen Zugang zum Recht haben.

Der Rechtsstaat ist ein kostbares Gut und eine unschätzbare zivilisatorische Errungenschaft. Demokratie und Rechtsstaat unterscheiden uns von Diktatur und Willkür. Das sehen wir gerade in den Ländern, in denen autoritäre Politik Rechtsstaatlichkeit verhindert, aushebelt und die Justiz willfährig macht. In autoritären Regimen wird Macht straflos missbraucht, Korruption blüht, Minderheiten sind schutzlos, Staat, Polizei oder Armee üben willkürlich Gewalt aus, Gerichte dienen nicht der Kontrolle staatlichen Handelns, sondern werden zu einem Verfolgungsinstrument gegen politische Gegner. Nur ein starker Rechtsstaat, der die Bürgerrechte immer im Blick hat, gewährleistet Freiheit und Sicherheit.

Wir haben in Deutschland einen funktionierenden Rechtsstaat, der Eigentum und körperliche Unversehrtheit, Selbstbestimmung und Persönlichkeitsrecht, Meinungs- und Informationsfreiheit sowie die Rechte von Minderheiten schützt und über die Einhaltung der Gesetze durch Jedermann wacht. Damit er das optimal tun kann, muss uns dieser Rechtsstaat etwas wert sein. Den Rechtsstaat gibt es nicht zum Nulltarif, seine Grundprinzipien brauchen Respekt und seine Institutionen brauchen eine auskömmliche staatliche Finanzierung. Mehr als die Bundesregierung einzusetzen bereit ist, so gibt es etwa beim Generalbundesanwalt zu wenige Stellen, um die notwendige intensive Verfolgung Tatverdächtiger schwerster Menschenrechtsverletzungen durchzuführen.

Wir Grüne wollen Recht effektiv durchsetzen und den Rechtsstaat wachsam verteidigen. Uns ist es viel wert, die Grundregeln unseres Zusammenlebens zu beachten und durchzusetzen. Wir wollen Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte besser ausstatten. Wenn Regeln nicht durchgesetzt werden, dann liegt das meist nicht an fehlenden Gesetzen, sondern daran, dass bestehendes Recht nicht angewendet und vollzogen wird. Viele Verfahren dauern zu lange. Justiz, Staatsanwaltschaft und Polizei sind zu schlecht ausgestattet, Behörden sind schlecht miteinander vernetzt, die IT-Ausstattung der meisten Gerichte ist veraltet und nicht sicher, es mangelt an Vorsorge.

Viele Menschen sind heute besorgt wegen der Gefahr von Terroranschlägen, wegen extremistischer Gewalt oder Wohnungseinbrüchen. Mehr Personal bei der Polizei und Justiz, eine koordinierte Arbeit untereinander und mehr staatlich geförderte Investitionen in vorsorgenden Einbruchsschutz erhöhen die Wahrscheinlichkeit Straftäterinnen und Straftäter zu entdecken und zu verurteilen – und damit die Abschreckung. Wäre zum Beispiel bei dem als Gefährder bekannten Täter des Terroranschlags am Berliner Breitscheidplatz im Dezember 2016 das bestehende Recht konsequent angewendet worden, hätte er seine schreckliche Tat nicht begehen können. An fehlenden Gesetzen lag es nicht.

Das haben wir vor: So verwirklichen wir unsere rechtspolitischen Ziele

  1. Wir wollen das Strafrecht ausschließlich zu seinen eigentlichen Zwecken einsetzen: Strafrecht als schärfster Eingriff des Staates in die Freiheitsrechte darf nur letztes, nicht erstes Mittel der Politik sein. Nur wenn Strafe sich auf den Schutz der wichtigsten Grundregeln und Rechtsgüter konzentriert, kann sie verhaltenssteuernde Wirkung entfalten. Nur dann kann die Strafverfolgung sicherstellen, dass Schuldige angemessen bestraft und Unschuldige nicht bestraft werden. Strafrecht ist kein Mittel zur Lösung gesellschaftlicher Probleme aller Art. Deswegen wollen wir das Strafrecht entrümpeln, nicht strafwürdiges Verhalten entkriminalisieren und veraltete Paragrafen abschaffen. Und wir fordern intelligente Alternativen zur Strafsanktion wie gemeinnützige Arbeit („Schwitzen statt sitzen“). Das entlastet die Justiz.
  2. Wir wollen die Bürgerrechte stärken: digital wie analog. Auch im Netz gilt: Niemand darf die Rechte anderer verletzen oder gegen die verfassungsmäßig Ordnung verstoßen. Daher fordern wir ein konsequentes Vorgehen gegen Hass und Hetze, auf der Straße und im Netz. Es darf keine Ungleichheit in der Durchsetzung des Rechts geben. Auch wenn ihre Umsetzung online anders erfolgt als offline: Die Standards des Rechtsstaats in der analogen Welt müssen denen in der digitalen Welt entsprechen.
  3. Wir wollen die Justiz massiv stärken, vor allem durch bessere personelle und materielle Ausstattung. Das würde auch die Verfahrensdauer verkürzen ohne dabei die Möglichkeit zu beschneiden, den Weg in höhere Instanzen zu beschreiten.
  4. Wir wollen den Zugang zum Recht für Mittellose stärken. Gerichtverfahren kosten Geld. Der freie und gleiche Zugang zum Recht ist Kernstück eines gelebten Rechtsstaats, deshalb muss er unabhängig vom Geldbeutel oder Wohnort für jeden offen sein. Dafür sind Beratungs-, Verfahrens- und Prozesskostenhilfe Voraussetzungen. Wir wollen die Länder dabei unterstützen, dass sie ihren Aufgaben im Bereich Justiz gerecht werden können. Wir wollen außerdem Strukturen für Schlichtung und außergerichtliche Streitbeilegung stärken.
  5. Wir wollen ein Whistleblower-Schutzgesetz einführen. Denn bisher müssen Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber nicht nur mit Mobbing rechnen, sie verstoßen oft auch gegen arbeits-, dienst- oder gar strafrechtliche Bestimmungen. Häufig folgt auf die Aufklärung die Kündigung. Wir wollen gesetzlich regeln, unter welchen Voraussetzungen Whistleblower sich an eine außerbetriebliche Stelle, an zuständige Behörden oder direkt an die Öffentlichkeit wenden dürfen. Und zwar ohne rechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen.
  6. Wir wollen die kollektive Rechtsdurchsetzung stärken. Deshalb halten wir an unserer Forderung nach der der Einführung einer Gruppenklage als Alternative zu der bereits eingeführten Musterfeststellungsklage fest. Wenn viele Menschen gleichartig von einer Rechtsverletzung betroffen sind, wie beispielsweise die Geschädigten von Medizinprodukten oder Arzneimitteln oder die Käuferinnen und Käufer von VW-Autos mit Schummel-Software, sollen sie sich zu Gruppen zusammenschließen und gemeinsam klagen können. Das senkt die Kosten und ermöglicht auch Betroffenen von kleineren Schäden, die ansonsten nicht vor Gericht gezogen wären, ihre Rechte durchzusetzen.
  7. Wir wollen Reformen im Familienrecht, die den gesellschaftlichen Wandel abbilden. Neue Familienformen wie etwa Patchworkfamilien oder Regenbogenfamilien sowie neue Möglichkeiten der Reproduktionsmedizin – wie etwa die Samenspende – wollen wir im Recht berücksichtigen.
    Quelle: gruene.de
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